Pulvertraum im Meiental

Heute waren wir uns nicht sicher, was wir erwarten sollten. Zwar hatten wir am Redertengrat vor drei Tagen besten Schnee vorgefunden, aber wie war die Situation näher am Alpenhauptkamm, wo der Wind teils mit Orkanstärke gewütet hatte? Nach einem kurzen Gespräch mit den Hüttenwart der Sustihütte an der Barriere auf 1540m unterhalb Gorezmettlen, marschieren wir um kurz vor halb acht entlang der Passstrasse bis zur Brücke und bogen dann in das völlig unberührte Chlialp-Tal ab. Vorne an der Brücke lag eher wenig Schnee (auch wenn keine Steine mehr hervor lugten), bis Wyssgand nahm die Schneehöhe aber kontinuierlich zu. Wegen des vielen Schnee wählten wir heute die Variante durch das üppig mit Schnee gefüllte Bachbett des Rossbaches. Im Juzfad war dann wie immer Eisschrank-Klima, bis uns auf den Rossfirn endlich in die Sonne traten. Wir stiegen in zunehmend tief werdenden Schnee bis zum obersten Ende des Rossfirns auf. Kurz vor der steilen Querung auf den Gratrücken südlich des Wintertürmlis auf 2890m war aber dann Schluss für uns: die Querung war voller Triebschnee und wir hatten kein gutes Gefühl. Verloren hatten wir nicht viel, ein Aufstieg auf den Gipfel war wegen des vielen Schnees in der Rinne oberhalb des Skidepots ohnehin unwahrscheinlich.

Und so zogen wir die ersten Linien durch großartigsten Pulverschnee hinab in die Kälte des Juzfads – teils stob der Schnee bis zur Brust und sorgte für zahlreiche Freudenkundgebungen. Und weil die Spur schon lag und noch kein anderer Tourengeher zu sehen war, liefen wir erneut zum Umkehrpunkt unterhalb der Felsen hinauf. Und genossen eine zweite Abfahrt, die der ersten in keine Weise nach stand. Nun ging’s am Rossbiel vorbei und die weiten, unberührten Hänge des Rossplangg hinab – von oben bis unten ein einziger Pulvertraum. Kurz darauf hatten wir wieder den Ausgangspunkt erreicht und brauchten eine Weile, bis wir das Erlebnis in geeignete Worte fassen konnten.

Nein, wir wollen nicht übertreiben und Superlative übermässig strapazieren. Aber die heutige Tour war tatsächlich ein einzigartiges Erlebnis: wir waren alleine unterwegs (bis auf eine Handvoll Tourengeher, an denen wir unterhalb des Rossfirns bei der zweiten Abfahrt vorbei düsten), die Sonne wärmte, und der Schnee war auf der ganzen Abfahrt ein Traum. Wir haben die Route noch nie in diesem einheitlichen Zustand erlebt, ohne Rutsche und alte Lawinenkegel, ohne Bruchharsch im unteren Bereich, und komplett unberührt. Fast schade, dass die Beine vom Spuren zu müde für einen dritten Aufstieg waren…

Skitour – 19. Januar 2019, ZS, 1850m, total 6h, Alpinos.